Lehrlingsmediation – Nutzen, Akzeptanz und Einsatzmöglichkeiten.
Im Jahr 2016 wurden in Österreich mehr als 18.000 Lehrverhältnisse vorzeitig aufgelöst. Das entspricht einem Anteil von ca. 17 % aller Lehrlingsausbildungen. Gleichzeitig beklagt die österreichische Wirtschaft das Fehlen von 20.000 ausgebildeten Fachkräften. Leider wurde im Zuge der Auflösung von Lehrverhältnissen nur in weniger als 0,5 % der Fälle auf die Möglichkeit der Lehrlingsmediation zurückgegriffen. Dabei scheint es aus wirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll, der hohen Drop-Out-Rate bei Lehrlingsausbildungen entgegenzuwirken. So könnte der Ausbildungserfolg vieler Lehrlinge erhöht und langfristig ein für die österreichische Wirtschaft ausreichend großer Pool an qualifizierten Fachkräften sichergestellt werden.
Um dies zu erreichen, braucht es nicht nur eine aktive Unterstützung der Kompetenzentwicklung der Lehrlinge, ein positives Lernklima und das Ermöglichen von Erfolgserlebnissen für die Auszubildenden.
Um möglichst viele Lehrlinge in der Ausbildung zu halten, ist auch das Bemühen um aktive Konfliktlösung nötig. Eine Lehrlingsmediation, die sich nicht ausschließlich auf § 15a BAG beruft, könnte einen wesentlichen Beitrag leisten, die Qualität der in Österreich angebotenen Berufsausbildungen zu erhöhen und um die hohe Ausbildungs-Dropout-Rate bei Lehrlingen zu senken.
Konfliktursachen in der Lehrlingsausbildung
Ein häufiger Grund für die vorzeitige Lösung von Lehrverhältnissen sind Konflikte im Unternehmen. Diese entstehen aus den unterschiedlichsten Gründen:
Ausbildner beobachten immer wieder eine – aus ihrer Sicht – problematische Arbeitshaltung von Lehrlingen. Oft ist diese Schwierigkeit zurückzuführen auf eine Überforderung des Lehrlings, eine eventuelle Lernschwäche oder den gefühlt geringen sozialen Status im Arbeitsumfeld, unter dem der Lehrling leidet. In anderen Fällen sind ein problematisches soziales Umfeld sowie (oft familiäre) Defizite in Erziehung und Sozialisation die Ursache.
Wenn Ausbildner und Kollegen verständnislos auf das resultierende Verhalten des Lehrlings reagieren, sind Konflikte die typische Folge. Werden diese Konflikte nicht thematisiert, können sie sich so weit entwickeln, dass sie zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Ein moderiertes Konfliktgespräch (Mediation) durch einen neutralen Dritten kann in so einer Situation wesentlich dazu beitragen, wieder mehr gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Eine tolerantere Haltung des Ausbildenden dem Lehrling gegenüber kann in der Folge dazu beitragen, dass die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Lehrabschlusses wieder steigt.
Weitere Informationen & Kontakt
Weitere Informationen über Nutzen und Möglichkeiten von Konfliktmanagement in der Lehrlingsausbildung finden Sie hier oder unter +43 664 954 53 09. Wir freuen uns über Ihre Anfrage.
Quellen
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Burger, F. (Mai 2010). 10 Stopersteine auf dem Weg zum Ausbildunsgübertritt. Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht.
Dornmayr, H., & Nowak, S. (kein Datum). Lehrlingsausbildung im Überblick 2017. Wien: ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft.
Leadership-Institute (2017). Lehrlingsmediation in Österreich. Abgerufen am 30. 10 2017 von https://leadership-institute.at/lehrlingsmediation/
Österreichische Wirtschaftskammer. (01. 01 2017). Außerordentliche Auflösung des Lehrverhältnisses. Abgerufen am 30. 10 2017 von wko.at: https://www.wko.at/service/bildung-lehre/Ausserordentliche_Aufloesung_des_Lehrverhaeltnisses.html
Risak, M. (Mai 2012). Die Mediation im Arbeitsrecht. Österreichische Juristenzeitung.
Staudacher, A. (03. 10 2017). Lehre statt Schule: Fünf Schritte zu mehr Fachkräften. Abgerufen am 30. 10 2017 von Handwerksbetriebe fürchten Personalnot und wollen die berufliche Ausbildung aufwerten.: https://kurier.at/wirtschaft/.
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